Es war verschiedenen Medien zu entnehmen, dass die Schweizerischen Bundesbahnen planen, ihre grösseren Bahnhöfe bis ins Jahr 2028 mit einem technischen System auszurüsten. Dieses kann Personenbewegungen zu kommerziellen Zwecken systematisch analysieren. Ausserdem könnten Videosysteme mit einer Gesichtserfassungssoftware zur Anwendung kommen.
Es ist noch nicht abschliessend geklärt, ob es sich dabei um eine «Gesichtserkennung» handelt. Der geplante Einsatz dieser Systeme ist aus datenschutz- bzw. grundrechtlicher Sicht umstritten.
Im öffentlichen Raum verboten
Das System könnte auch am Bahnhof St.Gallen zum Einsatz kommen. Allerdings erklärte das Stadtparlament St.Gallen am 13. September 2022 eine Motion erheblich, die den Einsatz von biometrischen Gesichtserkennungssystemen durch städtische Organe im öffentlichen Raum verbietet.
In der Berichterstattung des St.Galler Tagblatts vom 21. Februar 2023 äusserte sich Stadträtin Sonja Lüthi zur Frage, ob das durch die Motion erwirkte Verbot dem geplanten Anliegen der SBB am Bahnhof St.Gallen entgegenstehe.
Die Stadträtin gab Auskunft, dass die Stadt St.Gallen nicht intervenieren könne, da sich die Motion nur auf den Einsatz dieser Technologie durch städtische Organe beziehe, die SBB an ihren Bahnhöfen in dieser Sache autonom seien und das eidgenössische Datenschutzgesetz diesen Sachverhalt regeln würde.
«Schwer mit dem Demokratieverständnis vereinbar»
Auf diese Aussage hin zeigt sich die SP/Juso/PFG-Fraktion irritiert. In einer einfachen Anfrage schreiben sie, dass zumindest die beiden Bahnhofsunterführungen inklusive nord- und südseitige Aufgänge im Gemeindestrassenplan als «Weg 1. Klasse» klassiert seien.
«Sie sind für das städtische Fusswegnetz von grosser Bedeutung und gelten deshalb als öffentliche Wege», heisst es weiter. Für die dortige Videoüberwachung hat der Stadtrat nach Art.3 Abs.2 des Polizeireglements auch zwei Allgemeinverfügungen erlassen. Hier werde das Verbot voraussichtlich greifen.
Weiter argumentiert die Fraktion, dass die SBB einen öffentlichen Auftrag erfüllen und sind somit an die Grundrechte gebunden seien. «Es erscheint schwer mit dem Demokratieverständnis vereinbar, wenn die SBB trotzdem parlamentarisch erwirkten Verbot völlig frei wären, Gesichtserkennungssysteme am Bahnhof St.Gallen einzusetzen», so die Fraktion.
Nun will die SP/Juso/PFG-Fraktion vom Stadtrat wissen, ob und wann ein Einsatz technischer Systeme durch die SBB am Bahnhof St.Gallen geplant sei. Ausserdem bittet die Fraktion um eine Beurteilung der Situation in Anbetracht der im September erheblich erklärten Motion.