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26.02.2023
26.02.2023 15:55 Uhr

«Schweizer raus»: Seegräben erklärt sich

Die Gemeinde Seegräben steht derzeit in der Kritik, weil sie einem Mieter gekündigt hat, um in der Wohnung Asylsuchende unterzubringen. (Archivbild)
Die Gemeinde Seegräben steht derzeit in der Kritik, weil sie einem Mieter gekündigt hat, um in der Wohnung Asylsuchende unterzubringen. (Archivbild) Bild: zürioberland24.ch
Die Wohnungskündigung eines Mieters zu Gunsten von Asylsuchenden wirft hohe Wellen. Der Seegräbner Gemeindepräsident Marco Pezzatti nimmt Stellung.

Über die sozialen Medien wurde publik, dass die Gemeinde Seegräben einem Mieter gekündigt hat, um die Wohnung für Asylsuchende zu nutzen. Das hat mittlerweile hohe Wellen in den sozialen Medien geworfen und wurde auch bereits von diversen Medien aufgegriffen.

Kanton gibt vor

Den Entscheid, dem Mieter der 5,5-Zimmerwohnung zu kündigen, habe man nicht leichtfertig gefällt, sagt Marco Pezzatti, Gemeindepräsident von Seegräben, auf Anfrage gegenüber Zürioberland24. Man habe lange nach anderen Möglichkeiten in der Gemeinde gesucht, um die Vorgaben des Kantons erfüllen zu können.

Dieser gibt vor, dass eine Gemeinde 0,9% der Einwohnenden an Flüchtenden unterbringen muss. In der Gemeinde Seegräben mit 1'419 Einwohnenden entspricht dies 14 Personen. Gemäss Pezzatti wohnen aktuell 9 Asylsuchende in der Gemeinde. Mit der frei werdenden Wohnung für 4 bis 5 Personen könne das Soll erfüllt werden.

«Wir hoffen, dass das die erste und einzige Kündigung ist, die wir aussprechen mussten.»
Marco Pezzatti, Gemeindepräsident von Seegräben

Gemeinde-Wohnungen beschränkt

Die Gemeinde Seegräben habe nur sehr wenige eigene Wohnungen, die meisten von ihnen seien zudem klein. Andere Gemeinden hätten aufgrund ihrer Grösse und dem Wohnungsangebot mehr Spielraum.

Die besagte 5,5-Zimmerwohnung, die gemäss Pezzatti von einer Einzelperson bewohnt werde, sei für sie darum die einzige Option gewesen. «Wir hoffen, dass das die einzige und letzte Kündigung war, die wir aussprechen mussten.»

Es soll eine Familie einziehen

Wie bereits bei den zuvor aufgenommenen Asylsuchenden lege man wert darauf, dass eine Familie nach Seegräben kommen könne. «Wir werden uns auch dieses Mal dafür einsetzen, dass eine Familie mit Kindern zu uns kommen kann», so Pezzatti. Grundsätzlich entscheide der Kanton über die Zuteilung, und auch auf die Herkunft der Flüchtenden habe die Gemeinde keinen Einfluss. Der Dialog mit dem Kanton sei bisher aber immer gut gewesen.

Hilfe für Mieter angeboten

«Die Kündigung hat mit dem Mieter selbst überhaupt nichts zu tun», betont Pezzatti. Man habe den Mieter vorab persönlich über die Kündigung informiert und ihm auch Unterstützung bei der Wohnungssuche angeboten.

Reaktionen teils grenzwertig

Von den Reaktionen sei Pezzatti völlig überrascht worden. Die Nachrichten, welche ihn in der Zwischenzeit erreicht hätten, seien teilweise grenzwertig. Auch dass die Social-Media-User und sogar einige Medien das Kündigungsschreiben mitsamt allen Personenangaben publiziert haben, irritiert den Gemeindepräsidenten sehr.

SVP fordert zusätzliche Massnahmen

Die SVP Bezirk Hinwil hat auf die Situation prompt reagiert und sieht die Schuld bei einer gescheiterten Asylpolitik des Bundes. Gleichzeitig nimmt sie die Gemeindebehörden in Schutz: «Dieser aktuelle Fall in der Gemeinde Seegräben zeigt das Scheitern der Schweizer Asylpolitik exemplarisch auf und lässt es Mitgliedern von Gemeindebehörden ausbaden. Im konkreten Fall sah der Gemeinderat keine andere Möglichkeit als die Kündigung der bisherigen Mieterschaft.»

Die SVP Bezirk Hinwil lehne jegliche Bevorzugung von Flüchtlingen gegenüber der eingesessenen Bevölkerung ab. Hier seien zuerst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor Steuerzahlenden die Wohnung gekündigt werde.

«Der Bund hat bisher versagt und lässt überproportional viele Flüchtlinge ins Land, welche zusammen mit der regulären Zuwanderung den höchsten Ausländeranteil in ganz Europa zur Folge hat.» Daher fordere die SVP ein strengeres Zuwanderungsregime an der Grenze und eine konsequente Rückweisung von Flüchtlingen an jene Staaten, durch welche die Einreise in den Schengenraum stattfand.

Die Bezirkspartei fordert vom Bund zusätzliche Massnahmen, um den Zustrom von Flüchtlingen zu bremsen. Vom Kanton fordert sie konkrete Massnahmen, welche die Unterbringung in Provisorien ermöglichen sollen. «Die SVP ermutigt die Gemeindebehörden, zu den unhaltbaren Zuständen in den Gemeinden nicht mehr zu schweigen und ihre Forderungen an Kanton und Bund deutlich zu postulieren.»

Barbara Tudor, ZueriOberland24