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Schmerikon
27.07.2020
27.07.2020 10:54 Uhr

Der erwartete Ansturm auf dem Obersee ist ausgeblieben

Seerettungsdienst Oberer Zürichsee: Mehr Boote auf dem See aber kein wirklicher Ansturm.
Seerettungsdienst Oberer Zürichsee: Mehr Boote auf dem See aber kein wirklicher Ansturm. Bild: zv
Herr und Schweizer machen wegen Corona vermehrt Ferien im eigenen Land. Gerade deshalb erwarteten die Rettungskräfte den grossen Ansturm auf den Seen. Auf dem Obersee ist dieser aber ausgeblieben.

«Wir haben nicht nur mehr Leute auf Pikett, sondern auch mehr Material organisiert», sagte Silvan Wenk, Obmann, Seerettungsdienst Oberer Zürichsee, vor kurzem in einem Interview. Rund um Rapperswil könne man theoretisch doppelte Einsätze fahren.

Doch auf Nachfrage beim Seerettungsdienst Oberer Zürichsee ist der erwartet grosse Ansturm ausgeblieben. «Es hat etwas mehr Boote auf dem See, aber von einem Ansturm kann man nicht sprechen», meint Michael Jud, seit 13 Jahren bei den «Seerettern» vom Obersee engagiert.

Linth24 wollte mehr über die Arbeit des Seerettungsdienstes erfahren und hat Michael Jud im Stützpunkt in Schmerikon besucht.

Herr Jud, wegen Corona wird vermehrt Ferien in der Schweiz gemacht. Man erwartete deshalb den grossen Ansturm auf dem See, aber offensichtlich ist der zumindest auf dem Obersee ausgeblieben.  
Wir beobachten schon, dass es auf dem Obersee mehr Schiffe hat, als zum Beispiel vor einem Jahr – auch der Verkehr die Linth herunter ist um einiges grösser geworden. Bezüglich Einsätze und Zwischenfälle ist aber alles im Rahmen.

Das heisst?
Üblicherweise haben wir pro Saison, das heisst zwischen Ostern und Oktober, zwischen 15 bis 20 Einsätze.

Wie sehen solche Einsätze aus?
Das ist ganz unterschiedlich. Hauptsächlich sind es Pannendienste, zum Beispiel, wenn bei Booten die Batterie leer ist oder der Anlasser nicht mehr funktioniert. Es kann auch sein, dass jemand über einen Stein gefahren ist, dann müssen wir abschleppen, das sind so die meisten Einsatzarbeiten. Wir haben sehr wenig Fälle mit Verletzungen, Verbrennungen oder Schnittverletzungen. Selten sind auch Personensuche oder -bergungen.

Michael Jud: «Üblicherweise haben wir pro Saison zwischen 15 und 20 Einsätze.» Bild: L24

Beschreiben Sie die Arbeit eines «Seeretters» hinter den Kulissen.
Die Mannschaft ist in verschiedene Alarmstufen eingeteilt, abhängig davon, wie weit weg jemand von Schmerikon, wo unser Stützpunkt ist, arbeitet. Wer in der Nähe arbeitet, bei dem ertönt der Pager relativ oft. Bei Pannendiensten genügt es, mit der Crew von zwei Mann auszurücken – bei grossen Ereignissen, bei Personensuchen oder wie vor Jahren, als es in einer Werft gebrannt hat, dann kommt die ganze Mannschaft zusammen. Am Wochenende ist Pikettdienst mit zwei bis drei Personen, die einen Pager haben, und in fünf Minuten maximal auf dem Boot einsatzbereit sein müssen.

Sie sind seit 13 Jahren beim Seerettungsdienst Oberer Zürichsee. Was waren die eindrücklichsten Erlebnisse in dieser Zeit?
Sicher der Brand in einer nahe gelegenen Werft vor einigen Jahren. Die Koordination zwischen Polizei, Feuerwehr, Sanitär usw. war eine grosse Herausforderung, das hatte ich bis da noch nie erlebt. Der Sturm im letzten Sommer war ebenfalls sehr eindrücklich. Natürlich bewegt und trifft jeden von uns Ereignisse mit tödlichem Ausgang, aber das gehört zu unserer Arbeit. Danach können wir auch auf kantonale Hilfe zurückgreifen.

Wie hat sich in all der Zeit die Lage auf dem See verändert?
Es hat mit Bestimmtheit viel mehr Boote, aber die Einsätze sind gleichgeblieben. Was uns vermehrt beschäftigt, sind Stand Up Paddler oder Ruderer, denen nicht bewusst ist, dass sie ab einer bestimmten Distanz zum Land eine Schwimmweste tragen müssen. Da weisen wir jeweils darauf hin, dass dies notwendig ist.

Die Mannschaft der Seerettung Ober Zürichsee zählt 18 Mann. Eine gute Grösse?
Das ist für uns eine optimale Grösse. Damit können wir problemlos die ganze Saison abdecken. Wir sind aber auch immer offen für Bewerbungen. Dann gibt es ein Gespräch mit dem Obmann, danach wird ein Probejahr absolviert. Die Kandidaten erhalten einen «Götti» und nach dem Probejahr wird dann über die Aufnahme abgestimmt. Letztes Jahr hatten wir drei «Anwärter».

Zum Schluss, welche Tipps geben Sie den Leuten mit auf den See?
Auf einander Rücksicht nehmen, immer einen Schritt voraus denken, und zum Beispiel nicht in einer Hafeneinfahrt baden; dann ist es ein grosses Anliegen, nicht in ein Naturschutzgebiet reinzugehen. Ja, und dann natürlich die wichtigen, und allseits hoffentlich auch bekannten Regeln: Immer genug trinken, und wenn man lange Zeit an der Sonne gelegen ist, nicht sofort ins Wasser springen, sondern sich langsam angewöhnen. Und wenn man sich im Wasser nicht sicher ist, immer eine Weste anlegen.

Rolf Lutz, Linth24