Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Region
14.02.2023
14.02.2023 10:18 Uhr

Wie die SVP die Welt retten will

Der alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher punktet in Rapperswil-Jona mit Schalk und Charme.
Der alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher punktet in Rapperswil-Jona mit Schalk und Charme. Bild: Markus Arnitz, Linth24
Blocher überzeugt, Köppel mahnt, Friedli beschwört die Familie. Eindrücke eines Abends, an dem die SVP im Joner Kreuz den Menschen zeigt, wie sie die Welt retten will.

Am Anfang spielen die Orgelbuben Schänis lüpfige Klänge auf dem Schwiizerörgeli. Sie müssen es ein wenig länger tun, weil Roger Köppel auf der Anfahrt aus Bern Verspätung hat. «Wenn ich aus dem Bundeshaus anreise, muss ich jeweils mein Immunsystem zurechtrücken», sagt er später. Das Publikum lacht, die Verzögerung gibt den Veranstaltern die Gelegenheit, den Saal zu vergrössern.

Der Saal muss vergrössert werden

Die rund 300 Stühle reichen nie und nimmer, um allen Interessenten eine Sitzgelegenheit zu bieten. Ein Beobachter sagt sichtlich beeindruckt: «Es hat mehr Teilnehmer als an einer Bürgerversammlung.» Organisator Mihajlo Mrakic, der Vize-Präsident der SVP Schmerikon, blickt zufrieden in die Runde: «Wir hatten keine Ahnung, wie viele Menschen kommen würden.»

Friedli im Vorprogramm

Der Anfang gehört der wichtigsten Frau im Saal – Esther Friedli. In kurzen Worten beschreibt sie, wie sie St.Gallen nach der Wahl in den Ständerat am 12. März in Bern vertreten würde: Als zweite bürgerliche Stimme, die Mehrheiten ermöglicht und für Werte wie Familie, Unabhängigkeit, Sicherheit, Freiheit, Verlässlichkeit und Zusammenhalt steht: «Kultur und Traditionen sind für uns entscheidende Qualitäten. Als Toggenburgerin vertrete ich das ländliche St.Gallen. Machen Sie auf dem Wahlzettel bei meinem Namen ein „x“.»

Die Ständerätin in spe bestreitet aber nur das Vorprogramm. Im Fokus stehen ihre Kollegen von der Goldküste – und das Hauptthema des Abends: Die Schweizer Neutralität. Oder wie sie von Christoph Blocher zum höchsten friedenstiftenden Gut befördert wird: «die immerwährende, umfassende und bewaffnete Neutralität.» Dank ihr sei die Schweiz seit 500 Jahren und der Schlacht von Marignano in einer äusserst privilegierten Position und könne sich aus den zerstörerischen Konflikten raushalten.

  • Lüpfiges Handörgeli Trio zur Einstimmung in den Abend. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    1 / 9
  • Vollbesetzter Kreuz Saal in Jona. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    2 / 9
  • Der Publikumsandrang war so enorm, dass zusätzliche Stühle nötig waren. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    3 / 9
  • Ständeratskandidatin Esther Friedli. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    4 / 9
  • SVP-Urgestein und alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    5 / 9
  • Nationalrat, Chefredaktor und Verleger Roger Köppel. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    6 / 9
  • Mihajlo Mrakic, Vize-Präsident der SVP Schmerikon, organisierte den Anlass in Eigenregie. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    7 / 9
  • Hanspeter Rathgeb, Co-Präsident SVP See-Gaster (stehend), im Gespräch mit alt BR Blocher. Rechts: Esther Friedli und St.Galler Regierungsrat Stefan Kölliker. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    8 / 9
  • Ein altersmässig breit durchmischtes Publikum. Bild: Markus Arnitz, Linth24
    9 / 9

Die Neutralität als höchstes Gut

Das war einmal. Vor sechs Monaten habe der Bundesrat mit der Übernahme der EU-Sanktionen im Russland-Ukraine-Konflikt diese Säule unserer Demokratie «über den Haufen geworfen». Und es drohe, noch schlimmer zu werden: Sanktionen, Panzer und am Schluss gar Militärjets. «Wollen wir das?», fragt der SVP-Doyen in die Runde – und kennt die Antwort des Plenums ganz genau. Deshalb seine ultimative Forderung: «Unterschreiben Sie die Initiative zur Wahrung der schweizerischen Neutralität». Ansonsten drohe unser Land in Kriege hineingezogen zu werden, weil Politiker in Bern «aus purem Opportunismus handeln.»

So klar Blochers Message ist, so unterhaltsam und schalkhaft ist sein Auftritt. Der Mann aus Herrliberg ist auch mit 82 noch der beste Conférencier der Schweizer Politik und quasi ein Charmeur mit ausbreitenden Armbewegungen und (etwas) zu grossem Veston.

Roger Köppel zeigt sich im noblen Gewand, straff gebundener Krawatte und mit scharfgeschliffenen Voten: «Unabhängigkeit und Ungebundenheit sind Werte, die für ein kleines Land von zentraler Bedeutung sind. Wenn ein Kapitän mit seinem Schiff in einen Sturm gerät, muss er immer selber entscheiden können, wie er die Segel setzt und das Ruder richtet.» Und dann hebt der Weltwochen-Chef den Mahnfinger mit apokalyptischem Blick: «Wir sind dabei, das, was die Schweiz ausmacht, zu opfern.» Und wer trägt die Schuld? Köppel: der Bundesrat, die Mainstream-Medien und die Schweizer Politik, die direkt in die Fänge der EU führe. 

Köppels flammender Appell

In seiner Bilanz kommt er aber auch zu einem anderen Schluss: «Diejenigen, die den Schweizern am gefährlichsten werden können, sind die Schweizer selber – wenn sie ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen und die Stimme nicht erheben.» Deshalb der Appell Köppels: «Gehen Sie wählen. Wählen Sie SVP. Wählen Sie Esther Friedli». Dass diese Worte aus dem Mund jenes Parlamentariers kommen, der bei Abstimmungen am meisten fehlt, stört niemanden.

Trotzdem sind am Schluss alle froh, dass das Referat des Magistraten doch noch ein Ende findet – und der Apero beginnen kann. Erst bei Weisswein und Bier sind sich alle wirklich sicher: Die Welt ist noch nicht untergegangen.

Thomas Renggli