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Kanton
17.01.2023
18.01.2023 20:25 Uhr

Berset unter Druck: Ständerat Würth bekommt recht

Der Bundespräsident und sein erster Kritiker: Alain Berset (r.) und Beni Würth.
Der Bundespräsident und sein erster Kritiker: Alain Berset (r.) und Beni Würth. Bild: Archiv/zVg
Bundespräsident Alain Berset befindet sich im akuten Argumentationsnotstand. Der St. Galler Ständerat Beni Würth hatte schon im Frühling 2021 auf die Missstände hingewiesen.

Rückblickend muss man Beni Würth schon fast als Visionär bezeichnen. Im Juni 2021 sagte der St. Galler Ständerat im Parlament: «Im heutigen Wertekompass von modernen Demokratien rangiert die Transparenz ganz weit oben». Weil eine Regierung aber auch frei diskutieren und entscheiden müsse, sehe das Gesetz klar vor, dass amtliche Dokumente über Positionen in laufenden und künftigen Verhandlungen in keinem Fall zugänglich sind. Der Mitte-Politiker reichte eine Motion ein, die zur Aufklärung beitragen sollte, weshalb die Bundesratsentscheide in der Corona-Krise schon an den Tagen vor der Bundesratssitzung im «Blick» zu lesen waren: «Dies ist mehr als bedenklich».

Bundesrat und Nationalrat stützten Berset

Die Regierung und der Nationalrat, lehnten den Vorstoss damals ab – für Würth keine Überraschung: Dass der Bundesrat den Antrag nicht annehmen wolle, erstaune ihn nicht, sagte er. Es sei schliesslich nicht einfach, gegen Personen vorzugehen, die nicht integer seien. Bundeskanzler Walter Thurnherr gab noch einen drauf: «Es ist nicht nur kriminell, was hier passiert ist, sondern auch charakterlos». Der Bundesrat sehe aber kein «System von Indiskretionen».

Anderthalb Jahre später steht diese Einschätzung ziemlich schräg in der Landschaft. Die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt in ihrer heutigen Ausgabe: «Die Indiskretionen waren in der Regierung ein häufiges Thema während der Pandemie. Alain Berset soll während der Sitzungen den Ahnungslosen gespielt und sich gemeinsam mit seinen Regierungskollegen über die Leaks aufgeregt haben.»

Immerhin wurde damals im Bericht der zuständigen staatspolitischen Kommission des Nationalrats (zumindest zwischen den Zeilen) auf den Missstand hingewiesen: «Die Kommission ist jedoch der Meinung, dass Verbesserungspotenzial bei der Behandlung durch die Bundesstaatsanwaltschaft besteht. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat dieses Problem erkannt hat und diesbezüglich Massnahmen eingeleitet hat. Die Kommission wird sich zu einem späteren Zeitpunkt über die Ergebnisse informieren lassen, diese Thematik nochmals vertieft angehen und dann die allenfalls noch erforderlichen Massnahmen ergreifen.»

Gegenüber Linth24 sagt Beni Würth heute: «Ich habe bewusst von einem System von Indiskretionen gesprochen – dem widersprach der Bundesrat. Aus heutiger Optik sieht das nun offensichtlich etwas anders aus».

Gleich stuft es die NZZ ein: Nach den neuen Enthüllungen werde es nun spannend zu beobachten sein, wie Berset und das neu zusammengesetzte Gremium reagieren. Werden die bisherigen Bundesräte den Gesundheitsminister zur Rede stellen? Wie werden sich die neuen Erkenntnisse auf die Kollegialität auswirken?

Die GPK am Zug

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) wird den Berset-Ringier-Komplex in der Plenarsitzung von kommender Woche diskutieren. Schon jetzt steht fest: Beni Würth war einer der wenigen, der im Frühling 2021 den Kopf nicht in den Sand steckte.

Thomas Renggli