Weihnachtstauwetter! Beim Schreckgespenst aller tiefer liegenden Skigebiete handelt es sich um eine meteorologische Singularität, die mit milden Temperaturen und Südwestwinden den Traum von weissen Weihnachten jäh zerstört.
Gefürchteter Südwestwind
«Skilift nicht in Betrieb». Die nüchternen Worte auf der Homepage des Skilift Fischenthal lassen keinen Raum für Missverständnisse. Betreiber Martin Schoch kann auch keine Besserung versprechen: «Derzeit sieht es zumindest kurzfristig nicht gut aus. Alles ist grün». Seit vier Jahren führt Schoch, der Bruder der früheren Spitzensnowboarder Philipp und Simon Schoch, die familieneigene Anlage – und kennt die ganze Bandbreite der wintersportlichen Gefühlslagen im Flachland: «In guten Jahren lief der Lift schon an über 40 Tagen – in schlechten stand er die ganze Saison still.» Wie sehr die Klimaveränderung dafür verantwortlich ist, kann er nicht sagen. Er stelle vor allem fest, dass sich die Windlage verändert habe: «Entweder haben wir eine trockenen Bise oder den warmen Südwestwind.»
Horrende Kosten für Kunstschnee
Ähnlich tönt es in Ricken, wo Josef Ruoss nur zu gerne über Weihnachten die Gäste an seinen beiden Anlagen – einem 3000 Meter langen Bügellift und dem Ponylift für Kinder – begrüssen würde. «Es ist kaum mehr Schnee da», sagt er drei Tage vor Heiligabend. Seit 1964 gibt es das kleine Skigebiet – 1983 wurde durch den Kauf eines Occasionslifts von den Bergbahnen Flumserberg eine Investition in die Zukunft getätigt. Von einem «lohnenden Geschäft» könne aber «je länger je weniger» gesprochen werden, so Ruoss, der im Hauptberuf einen Bauernbetrieb führt: «Wir müssen froh sein, wenn wir mit einer schwarzen Null abschliessen.» Eine Beschneiung-Anlage komme allein aus finanziellen Gründen nicht Frage: «100 Meter Kunstschneepiste kosten 100‘000 Franken.»
Am Atzmännig lässt sich Roger Meier von den vorweihnachtlichen Wetterkapriolen nicht aus dem Konzept bringen: «Es ist gut möglich, dass wir den Besuchern in diesem Jahr sogar eine Hybridlösung anbieten können.» Was er damit meint: Für Kinder ist die Übungsskipiste mit dem «Zauberteppich» geöffnet. Ausserdem kann ab Samstag möglicherweise die Sommerrodelbahn in Betrieb genommen werden – sofern es nicht zu stark regnet.
Die Hoffnung auf Schnee in diesem Winter, hat Meier aber nicht aufgegeben: «In der Saison 2021/2022 hatten wir immerhin 28 Betriebstage – im Winter davor sogar 62.» Wenn die Anlagen laufen, bietet der Atzmännig das volle Programm an: Skifahren, Schneeschuhlaufen, Nachtskifahren, Schlitteln.
Wanderin abgestürzt
Derzeit suchen die Gäste aber anderen Auslauf – und dies birgt durchaus Risiken. Vor einigen Tagen musste eine Wanderin gerettet werden, die im abschüssigen Gelände abgestürzt war. Meier dazu: «Sie hatte grosses Glück, dass sie mit ein paar Schürfungen davon gekommen ist.» Oder mit anderen Worten: Die Schneegötter machen derzeit Pause – auf die Schutzengel aber ist Verlass.