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Kanton
30.11.2022
30.11.2022 18:48 Uhr

Novembersession des St.Galler Kantonsrats

Impression aus dem Ratsbetrieb am ersten Tag der Novembersession 2022.
Impression aus dem Ratsbetrieb am ersten Tag der Novembersession 2022. Bild: Christopher Chandiramani
Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Linth24-Mitarbeiter, berichtete aus der Novembersession 2022 des St.Galler Kantonsrats, die vom 28. bis zum 30. November stattfand.

3. Sitzungstag: Mittwoch, 30. November 2022

Der dritte Sessionstag begann mit der Vereidigung der Richter, die am Montag und Dienstag gewählt wurden. Zudem wurde eine Ersatzwahl in den Bildungsrat vorgenommen (Amtsdauer 2020 bis 2024). Wahlen gab es ebenfalls bei den Mitgliedern des Verwaltungsrates der Spitalverbunde.

Grössere Spitaldebatte

Im Anschluss gab es eine grössere Spitaldebatte. Thema war die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital bzw. die Sanierungen der Krankenhäuser der sieben Spitalregionen. Die Handlungsfähigkeit der Spitäler muss erhalten bleiben. Die Defizite hatten sich vor allem während der Corona-Pandemie aufgehäuft. Kapazitätsengpässe wegen Mangel an Fachkräften verstärkten sich. Zahlreiche pflegende Angestellte hatten sich definitiv von ihrem Beruf verabschiedet. Wiederaufstockung ist hier nun das nächste Ziel. Betroffen sind besonders die Spitäler in St.Gallen (Kantonsspital), Grabs, Uznach und Wil.

Gemäss Botschaft müssen für das Spital Linth Darlehen im Umfang von CHF 39 Mio. in Eigenkapital umgewandelt werden, um für alle Spitalverbunde zusammen zwischen 2026 und 2030 eine durchschnittliche EK-Quote von 23 Prozent zu gewährleisten. Es ist vorgesehen, Kontokorrentforderungen von CHF 30 Mio. und ein Betriebsdarlehen von CHF 9 Mio. in Eigenkapital umzuwandeln.

Volksschule und Bildungspolitik

Fortgesetzt wurde am Vormittag mit der Vorlage der «Perspektiven der Volksschule 2030», mit Besuch von Gästen (Kantonsratskolleginnen und Kollegen) aus dem Kanton Zürich. Der Bericht der Regierung zeigt auf, wie die Volksschule im Kanton St.Gallen in gesellschaftlicher Hinsicht und wissenschaftlichen Erkenntnissen den zukünftigen Herausforderungen und Trends weiterentwickelt werden kann. Eine Steuerung der Bildungspolitik: Die Botschaft bildet eine Grundlage, Rahmenbedingungen, um die Volksschule zukunftsorientiert auszurichten. Bei den vier Perspektiven handelt es sich um eine Auswahl von wichtigen Themenfeldern, namentlich um die Bildung für Kinder und Jugendliche, Praxis der Förderung, Wissen erschliessen, Stabilität.

Die daraus abgeleiteten Ziele und Strategien der Perspektiven sind nicht abschliessend, um die ganze Komplexität der Volksschule abzubilden. Die Gesellschaft verändert sich permanent. Auch ein Postulat mit Bezug auf Kinder mit Migrationshintergrund wird in diesem Bericht beantwortet und viele Fragen zum Mangel an Sonderschulplätzen erörtert. Der Kantonsrat tritt auf die Vorlage ein. Er nimmt Kenntnis vom Bericht und stellt weitere Aufträge.

Die Staatswirtschaftliche Kommission berichtete über die selbstständigen rechtlichen Anstalten und das Grundbuchwesen des Kantons und die parlamentarische Bodenkonferenz über die Herbsttagung 2022. Diskussion wurde keine gewünscht.

Ratsreglement: Streichung der Aprilsession

Abschliessend beriet der Kantonsrat in eigener Sache über den Nachtrag zum Ratsreglements. Es betraf die Streichung der Aprilsession und entsprechender Verlängerungen der Sessionstage (12 Tage pro Jahr). Die Kommission beantragte Nichteintreten, eine Beibehaltung des alten Systems mit 5 Sessionen pro Jahr. In den Diskussionen wurden die Zeitkonflikte mit Beruf und Familie betont. Der Kantonsrat tritt auf die Vorlage ein. Der Kantonsrat stimmt dem Antrag zu, die Sessionsdauer auf höchstens drei Tage festzulegen.

In den Diskussionen wurden die Zeitkonflikte mit Beruf und Familie bei Sessionsverlängerungen betont. Bei diesen Beratungen stockte es eine Weile und die Sitzung musste kurz unterbrochen werden. Schliesslich wurde dem Erlass zugestimmt, die Aprilsession 2023 findet bereits nicht mehr statt. Sonst werden die Sessionsdaten bis 2024 nicht verändert.

Vor den Schlussabstimmungen wurden noch einige parlamentarische Vorstösse behandelt. Die Motion «Neues Volksschulgesetz für den Kanton St.Gallen» wurde zurückgezogen. Der Kantonsrat beriet noch die dringliche Interpellation «Dramatische Lage an der Ostgrenze aufgrund massenhafter illegaler Einreise» sowie eine Motion im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums über die Beflaggung des Regierungsgebäudes während der Session (wurde abgelehnt).

Viel Ja bei den Schlussabstimmungen und Rücktritte

Bei den Schlussabstimmungen (alle angenommen) geht es um die Aufhebung der Kantonshilfskasse für nicht versicherbare Schäden bei Elementarereignissen, den Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung, den Nachtrag zum Volksschulgesetz (Betreuungsangebote, bezahlte Stillzeit, Rekursstellen), den Nachtrag zum Tourismusgesetz, den Nachtrag zum Einführungsgesetz zur eidgenössischen Waldgesetzgebung, den Kantonsratsbeschluss über das Mehrjahresprogramm der Standortförderung für die Jahre 2023 bis 2027.

Bei den Rücktritten wurde bekannt, dass die geschätzten Ratskollegen Patricia Adam (Mittepartei) und Karl Brändle (Mitte) per Ende Jahr und Simone Durrer (Mitarbeiterin Parlamentsdienste) den Kantonsrat verlassen.

Ganz abgeschlossen wurde die Session mit einem Apéro bei der IHK (Handelskammer St.Gallen-Appenzell).

Das St.Galler Regierungsgebäude an einem strahlenden Novembertag. Die Beflaggung war Thema einer abgelehnten Motion. Bild: Christopher Chandiramani

2. Sitzungstag: Dienstag, 29. November 2022

Knapp vor Ende des gestrigen Sitzungstags kam eine Einigung bei der Sanierung bzw. Finanzierung der Olma zustande. Die Beratungen am Vortag dauerten länger als geplant, und das Geschäft entpuppte sich als regelrechte Zangengeburt. Schliesslich wurde auch noch ein Antrag gutgeheissen, den Ausgabepreis der neuen Aktien auf CHF 500 zu senken anstatt der geplanten CHF 1'100.

Start mit dringlichen Interpellationen

Der Dienstag eröffnete mit den dringlichen Interpellationen. Der Vorstoss betreffend die dramatische Lage in Osteuropa (Krieg und Flüchtlinge) war nicht bestritten. Hingegen wurden die Massnahmen bei der Organisation der Kantonspolizei (Personalknappheit) abgelehnt bzw. es wurde nicht darauf eingetreten.

Weiter ging es um Richterwahlen, Wahl von Mitgliedern des Verwaltungs- und des Versicherungsgerichts, der Verwaltungsrekurskommission sowie der Anklagekammer und der Fachrichter. Diese Wahlen erfolgten oppositionslos. In der Regel werden diese Wahlen in den Fraktionssitzungen vorbesprochen, Diskussionsbedarf ist ganz selten. Die Vereidigung findet am Mittwoch statt.

In zweiter Lesung war das Waldgesetz auf der Agenda des Tags, ohne Ergänzungen oder Änderungen. Beim Kantonsratsbeschluss über einen Nachtragskredit von knapp CHF 3 Mio. zur Erneuerung der technischen Anlagen (Audio, Video, Beleuchtung und Kommunikation) wurde ein Antrag der SVP abgelehnt, die Finanzierung über den Lotteriefonds vorzunehmen.

Ja zu Steuersenkung und Anpassungen der Prämienverbilligung

Der Kantonsrat beriet später den Beschluss über das Budget 2023, inklusive Steuerfuss, Löhne des Staatspersonals. Umfangreich waren die Voten bezüglich partiellem Teuerungsausgleich (2.1 Prozent; im Vergleich dazu Zürich 3.5 Prozent) und Lohnerhöhungen (individuell 0.4 Prozent). Die Vorschläge der Finanzkommission wurden angenommen.

Abgelehnt wurde ein Antrag der Ratslinken, die Anzahl der Radar-Geschwindigkeitsmessgeräte im Strassenverkehr zu erhöhen. Angenommen wurden hingegen die Anpassungen bei der IPV (Prämienverbilligung für Krankenkassen).

Knapp angenommen wurde auch ein SVP-Antrag, Steuersenkungen und die kalte Progression zu entkoppeln. Motorfahrzeugsteuern bleiben unverändert.

Der Kantonsrat stimmt einem Antrag zu, der an die Steuerfusssenkung anknüpft und vorsieht, auf den Ausgleich der Folgen der kalten Progression zu verzichten. 

Der Kantonsrat stimmt der Senkung den Staatssteuerfuss auf 105 Prozent zu. Er folgt damit dem Antrag der Finanzkommission. Der Kantonsrat gewährt auch zulasten der Erfolgsrechnung Sonderkredite für den Zeitraum der Jahre 2023-2026. Ostschweizer Fachhochschule Franken Pädagogische Hochschule St.Gallen; Joint Medical Master der Universität St.Gallen; Universität St.Gallen. Die Wertschöpfung der Hochschulen ist im Kanton St.Gallen ausserordentlich hoch. Der Kantonsrat stimmte einem Antrag zu, wegen Sonderauslagen und Mindereinnahmen max. CHF 80 Mio. Franken aus dem besonderen Eigenkapital zu beziehen.

Bei der Gesamtabstimmung wurde da Budget mit grossem Mehr angenommen. Zum Schluss des Tages wurde noch der Lotteriefonds beraten.

Das St.Galler Kantonsparlament tagt während der Novembersession im grossen Ratssaal des Regierungsgebäudes. Bild: Christopher Chandiramani

1. Sitzungstag: Montag, 28. November 2022

An einem trüben Montagmorgen, einen Tag nach dem 1. Adventsonntag, trafen sich die Mitglieder des St.Galler Kantonsrats zur Wintersession.

Der Vormittag begann mit den üblichen Fraktionssitzungen. Auch dieses Mal war die Agenda für drei folgende Tage reich befrachtet. Die wichtigsten Geschäfte, welche in dieser Session behandelt werden, sind das Budget mit dem Lotteriefonds, Steuern, Löhne des Staatspersonals, die Zukunft der Olma Messen, das Waldgesetz, die Erneuerung des Theaters in St.Gallen (technische Einrichtungen), das Polizeigesetz, Bauvorlagen, Kapitalstärkungen der kantonalen Spitäler, Volksschulen und deren Zukunftsperspektiven, Tourismus sowie Wahlgeschäfte. Behandelt wird im weiteren Verlauf auch in eigener Sache Anpassungen beim Kantonsratsreglement.

Start der Plenarsitzung eine Stunde früher als üblich

Die Ratsverhandlungen im Plenum begannen eine Stunde früher als üblich um 13:15 Uhr. Kantonspräsident Jens Jäger orientierte zu Beginn über den Gesundheitszustand des im Oktober verunfallten Regierungsrats Fredy Fässler, überbrachte ihm die allerbesten Genesungswünsche. Weiter wurde ein neuer Film über den St.Galler Kantonsrat vorgestellt.

Dann folgten die Ersatzwahlen. In der Septembersession wurden im Rat fünf Rücktritte bekannt gegeben. Neu gewählt wurden Ruth Keller-Gätzi (FDP, Wittenbach); Florin Scherrer (Mitte, Gossau); Ruben Schuler (FDP, Mosnang), Gallus Hälg (SVP, Gossau), Daniel Grünenfelder (Mitte, Bad Ragaz). Daraufhin folgten die Kommissionsbestellungen, und Ersatzwahlen in die Staatswirtschaftliche und die Redaktionskommission des Kantonsrats. Anschliessen waren die Richterwahlen (Gesamterneuerung). Alle kandidierenden Kantonsrichter wurden wiedergewählt.

In erster Lesung behandelt wurde der Nachtrag zum Einführungsgesetz der eidgenössischen Waldgesetzgebung (2. Lesung am Dienstag). Bei den zweiten Lesungen ging es um die Aufhebung der Kantonshilfskasse für nicht-versicherbare Schäden bei Elementarereignissen, den Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung, diverse Nachträge zum Volksschulgesetz (Betreuungsangebote, bezahlte Stillzeit, Rekursstellen), den II. Nachtrag zum Tourismusgesetz, und den Kantonsratsbeschluss über das Mehrjahresprogramm der Standortförderung für die kommenden fünf Jahre.

Das Geschäft über die Olma Messen (Umwandlung Genossenschaft in AG, Darlehensumwandlungen, Kapitalerhöhung) brauchte viel Zeit, gab in allen Fraktionserklärungen viel zu reden. Zuerst wurde ein Ordnungsantrag der SVP abgelehnt, das Geschäft auf Mittwoch zu verschieben, weil das Stadtparlament St.Gallen die Vorlage vorgängig am Dienstag berät. Gern hätte man ein wegweisendes Signal der Stadt erhalten. Die Olma ist wegen der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten, der Rettungswille ist gross. Die gefundene Lösung wäre solidarisch. Die Olma gilt als einer der Leuchttürme in der Ostschweiz. Die Risiken bleiben.

Ausblick auf morgen und Fussball-WM im «Ratsstübli»

Der zweite Sitzungstag beginnt mit den dringlichen Vorstössen über die Polizeiorganisation (viele Kündigungen) und Osteuropa (Flüchtlingsstrom).

Eine Stunde früher als sonst, kurz nach 17:00 anstatt um 18:00 Uhr, wurde die Sitzung bis am Dienstag unterbrochen wegen der Fussball-WM. Im «Ratsstübli», dem Restaurant des Kantonsrats, stand ein Grossbildfernseher für die Fussballfans bereit.

Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Mitarbeiter Linth24