Darum geht es: Ohne Ersatz in Sicht zu haben, soll die Badi Lido abgebrochen werden. Danach hat Rapperswil-Jona jahrelang kein Freibad mit Schwimmbecken mehr. Zum Nachteil der Bürger, Familien, Kinder, älteren Menschen und Sportler. Über 1'000 Personen haben deshalb eine Petition zur Offenhaltung der Badi unterschrieben.
Zu seinem Abbruch musste der Stadtrat seine Akten offenlegen. Die Analyse zeigt: Vieles, was er mitteilt, steht auf tönernen Füssen. Es wird teils desinformiert, teils verdreht. Derweil die Fakten zeigen: Der Badi-Abbruch ist nicht nötig. Ausserdem führt er zu riesigen, unnötigen Folgekosten für Provisorien. Über sie wird an der Bürgerversammlung vom 1. Dezember befunden. Darüber schreibt Linth24 morgen.
Stadtrat zum Lido: Vieles ist halbwahr oder falsch

Schon im vom Stadtrat Mitte 2022 publizierten Sportstättenplan für Rapperswil-Jona wird das Volk gezielt desinformiert. Darin heisst es mit Bezug auf ein Ingenieur-Gutachten, das Eisstadion Lido sei in 15 Jahren abzubrechen. Das ist falsch, denn im Gutachten steht davon nichts!
Genauso tendenziös und vermorkst geht es auch bei der Badi Lido zu und her. Das zeigt die Analyse der vom Stadtrat am 2. November 2022 offengelegten Lido-Akten. Daraus geht hervor: Der Abbruch der Badi, der Badewasser-Technik und der Eisstadion-Heizung ist unnötig.
Jahrelang angebahntes Desaster
Das Badi-Desaster erreichte nach der jahrelangen Verschlepperei durch die Stadtführung am 14. September 2019 einen Wendepunkt. Im Festakt «Bye bye Lido» feierte der Stadtrat das Aus der heutigen Badi Lido und den bevorstehenden Neubau. Jedoch: Schon drei Monate später legte derselbe Stadtrat, der sich zuvor in Sachen Badi noch gefeiert hatte, das Projekt auf Eis. Und im Juni 2020 musste er in einer Mitteilung zugeben, dass er es nicht auf die Reihe brachte, das schon bewilligte Neubau-Projekt zu managen – und versenkte es endgültig. In Eigenregie und zusammen mit 2 Millionen verlorenen Projekt-Kosten.
Bei seinem Rückzug erweckte er anfänglich noch den Eindruck, die bestehende Badi bleibe offen.
Das war falsch. Im Herbst 2020 verkündete der Stadtrat, die Badi Lido werde geschlossen. Die Wassertechnik und das Schwimmbecken seien kaputt.
Dagegen trat Badi-Fan Bianca Brunner an und zwang die Stadt Anfang 2021 mit über 2'000 Unterschriften zur Offenhaltung der Badi.
Lido-Keller wurde gesichert
Der Stadtrat fügte sich, machte gute Miene und teilte mit, die Badi werde nun doch wieder geöffnet. (Da war es dann für den Stadtrat wieder von Vorteil, dass das Schwimmbecken entgegen seinen vorherigen Aussagen nicht kaputt war! Und dass auch die Liegestühle, Sonnenschirme und die Eintrittskassen noch da waren, obwohl der Stadtpräsident vor dem Stadtforum das Gegenteil verkündet hatte.)
Genauso vorhanden war auch die Wasseraufbereitungs-Anlage im Lido, in deren Modernisierung die Stadt nun 300'000 Franken investierte. Und auch im Keller der Lido-Beiz gab es Arbeit. Er wurde mit 250 Stahlstützen gesichert.
Das für die Stützung zuständige, vom Stadtrat nun geheim gehaltene Ingenieurbüro verfasste dazu am 27. November 2020 eine «Zustandsanalyse». Darin stellten die Ingenieure die Räume nach dem Stützen-Einbau als gesichert dar. (Was seither auch der Fall ist, ansonsten der Stadtrat kürzlich die Bürgerschaft anlässlich einer öffentlichen Besichtigung nicht durch der Keller-Räume hätte führen dürfen.)
Ein weiteres, geheimes, Büro legte am 7. Dezember 2020 eine 54-seitige «Gebäudediagnose» zum Lido nach. Darin steht, die Räume für die Wassertechnik und die Stadionheizung könnten in Betrieb bleiben. Ein Teil des Kellers könne sogar als Lager vermietet werden, und ein kleiner Teil sei stillzuglegen (dieser war eh schon nicht mehr genutzt).
Volksbefragung und Angst-Mache
Von diesen Fakten erfuhr das Volk nichts. Stattdessen startete der Stadtrat im Juli 2021 zur Badi eine Volksbefragung. Darin konnte man wählen zwischen einer (provisorischen) «Instandstellung» für 7.5 Millionen, einem «Lido-Park» und dem totalen «Rückbau». Eine kostengünstige Variante mit zugleich startender Planung für eine neue Badi gab es nicht, was vielen Bürgern missfiel.
Zur Unterstützung seines Provisorums fuhr der Stadtrat ein Drohszenario hoch. Am 17. Juni 2021 schrieb er: «Die gesetzlichen Erfordernisse» für die Badi seien «nicht mehr gegeben». Für 2022 werde «der Kanton keine provisorische (Badi-) Bewilligung mehr erteilen können». Auch die Wassertechnik sei am Ende. Und «das Lido-Restaurant und die Technikräume» müssten «aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden». Das zeige «eine Untersuchung durch den Bauingenieur».
Falsche und verdrehte Aussagen
Alles Aussagen, die verdreht und teils auch falsch waren. Aus den heute einsehbaren Akten geht nämlich hervor, dass es zu diesem Zeitpunkt, Mitte Juni 2021, kein Gutachten gab, das einen Gebäude-Abbruch vorschrieb.
Auch die Aussage zur Kantons-Bewilligung war irreführend: Der Kanton erteilte sie Jahr für Jahr problemlos. Jene für die Saison 2022 sogar kurz nachdem der Stadtrat vorgenannte (falsche) Behauptung in die Welt gesetzt hatte.
Bezüglich Wassertechnik ist klar, dass die in die Jahre gekommene Badi nicht mehr den allen aktuellen Normen entspricht. Auch der Bäderspezialist «Kannewischer» stellte Ende 2020 Mängel fest. Doch viele der Probleme wurde Anfang 2021 für 300'000 Franken behoben. Die Wasseraufbereitung war danach wieder intakt, was die Saisons 2021 und 2022 bewiesen haben. Auch die Badewasser-Qualität war immer «in Ordnung», wie die durchgeführten Messungen laufend belegt haben.
Bürger lehnen Vorschlag ab
Zurück zum politischen Prozess. Nach der Volksbefragung legte der Stadtrat der Bürgerversammlung im Dezember 2021 ein Badi-Provisorium für 10 bis 15 Jahre für 7.5 Mio. Franken vor. Die Bürger lehnten ab: Zu teuer und wieder provisorisch.
Nun ging der Stadtrat in die Totale. In seiner jüngsten Mitteilung vom 2. November 2022 schrieb er, der Lido-Abbruch müsse jetzt «auf jeden Fall» erfolgen. Die 250 Keller-Stützen müssten weg. Der Ingenieur lehne die Verantwortung für den Weiterbetrieb ab. Rutschbahn und Sprungturm seien abzubrechen. Die Offenhaltung der Badi koste 3 Millionen Franken. Und obendrauf habe der Kanton für’s Lido, um «die Wasserwerte sicherzustellen», eine Besucher-Beschränkung verfügt.
Was kann man noch glauben?
Vieles von diesen Ausführungen war wieder verdreht oder falsch: So die Aussage des Stadtrates zum Kanton und den Wasserwerten. Die Fakten sind: Der Kanton schrieb der Stadt am 30. November 2020, durch den vom Stadtrat verordneten «Gratiseintritt in der Saison 2020» sei die Badi «regelrecht überfüllt worden». Deshalb sei die Besucherzahl zu beschränken.
Die Besucher-Beschränkung verschuldete somit der Stadtrat selbst – und nicht die Wasserqualität, wie er, einmal mehr irreführend, in seinen Unterlagen schrieb.
Auch zum Abbruch von Rutsche und Sprungturm bewegt sich der Stadtrat auf der schiefen Bahn: In der Analyse «Kannewischer» vom 1. Dezember 2020 steht auf Seite 9, die Stadt wisse seit 2014, dass bei den Rutschen Korrekturen anzubringen seien. Die Stadt habe Anpassung auf 2015 versprochen.
Was die Stadt also seit sieben (!) Jahren liegen liess, zieht der Stadtrat jetzt heran, um die Badi abzubrechen.
Was kann man diesem Stadtrat noch glauben? Dazu noch dies: Am 17. Februar 2022 sagte der Stadtrat vor dem Stadtforum (es ist protokolliert), ein Weiterbetrieb der Badi koste 1.3 Millionen. Am letzten 2. November, also ein paar Monate später, sind es nun auf einmal, gänzlich unbegründet, 3 Millionen.
Schnell drei Gutachten eingeholt
Auch bezüglich der Ingenieur-Gutachten zur Badi kommt übelster Geruch auf. Nachdem der Rapperswiler Joe Kunz den Stadtrat am 5. Februar 2022 aufforderte, Gutachten zum Badi-Abbruch offenzulegen, organisierte der Stadtrat noch schnell drei «Stellungnahmen». Dies, und es kann ja gar nicht anders sein, weil ihm offenbar bewusst wurde, dass er zu seinen gemachten Abbruch-Behauptungen keine sauberen Fakten besass.
Die erste der drei «Stellungnahmen», die der Bauchef noch schnell hervorzauberte, ist ein Kurzbrief vom 27. April 2022, dessen Verfasser geheim gehalten wird. Darin heisst es, der Verfasser wolle die Verantwortung für das Gebäude der Lido-Beiz nicht mehr übernehmen, da dessen 250 Stützen nur für Monate tolerierbar seien.
Das ist falsch: Stützen können gemäss Schweizer Baumeisterverband, SIA-Normen und den von Linth24 eingeholten Fachauskünften zeitlich unbegrenzt stehenbleiben.
Die zweite «Stellungnahme» vom 30. September 2022 ist ebenfalls ein Kurz-Brief. Sie stammt von einer Haustechnik-Firma aus Watt (ZH), enthält nur ein paar oberflächliche Sätze zur Badewasser-Technik und zur Statik, die bekannt sind.
Der Badi das Herz entreissen
Die dritte «Stellungnahme» vom 6. Oktober 2022 schrieb kein Ingenieur, sondern ein Bauführer der wlw Bauingenieure AG, Mels. Sie enthält zeilenlange, unnötige und bekannte Floskeln zur Lido-Politik, mehrere Schreibfehler und gerade einmal zwei (!) Fotos. Das ingenieur-technisch wertlose Brieflein mündet in die unbelegte Aussage, der Raum mit der Badewasser-Technik müsse auch abgerissen werden.
Dass diese Aussage dem Bauführer aus Mels aus Rapperswil-Jona vorgesagt wurde, ist offensichtlich. Denn mit dem Abbruch des Wassertechnik-Raums kann der Stadtrat der Badi das Herz entreissen. Womit sie dann entgegen dem dringenden Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger definitiv nie mehr öffnen wird.
Stadtrat will zur Tat schreiten
Der Stadtrat will jetzt also zur Abbruch-Tat im Lido schreiten. Und das obwohl dazu nur fragwürdige Gutachten vorliegen, es keine sachliche Kostenabwägungen gibt und er dazu nur einen äusserst fragwürdigen Bürgerauftrag hat.
Der Stadtrat behauptet dazu, die Bürger hätten ihm mit dem Budget 2022 «den Auftrag» zum Badi-Abbruch erteilt. Das ist kühn und dürfte viele Bürgerinnen und Bürger ärgern: Der Stadtrat integrierte im Budget 2022 den Abbruch der Badi-Gebäude, weil das für den damals geplanten Provisoriums-Bau für 10 bis 15 Jahre nötig gewesen wäre. Der Provisorium-Bau aber wurde, wie geschrieben, von den Bürgern abgelehnt.
Dass der Stadtrat nun aus der Budget-Gutheissung für sich einen Auftrag zum Abbruch der Badi ableitet, auch wenn keine neue Badi entsteht, ist kaum im Interesse der Bürgerschaft. Insbesondere, da der Abbruch des Restaurations-Gebäudes inklusive der Technikräume gar nicht nötig ist.
Kreative Lösungen
Für einen sauberen Badi-Entscheid bräuchte es ein neutrales Gutachten und guten Willen von Seiten der Stadt. Die Badewasser-Technik und die Stadion-Heizung befinden sich sowieso in einem sicheren Keller-Bereich ohne Gebäude-Überdeckung. Sie können problemlos bestehen bleiben. Das wäre selbst dann möglich, wenn der Stadtrat zum (unverständlichen) Abriss der Badi-Beiz ansetzt.
Mit positiv gerichteten Lösungen würde man jenen Bürgerinnen und Bürgern und insbesondere Kindern und Familien dienen, die nicht im See baden wollen. Zugleich würde man Zeit gewinnen. Man könnte die Gesamt-Planung im Lido-abwarten und das Volk für neue Lösungen ins Boot holen. Dies wäre 100-mal gescheiter, statt jetzt mit Hektik, und nur, damit der Stadtrat sein Gesicht wahren kann, mit dem Badi-Abriss und Provisorien unnötig Geld zu verpulvern. Und noch mehr weitere Fehler zu produzieren.
Morgen berichtet Linth24 darüber, wie die Stadt für Provisorien im Lido Millionen ausgeben will (siehe PDF im Anhang). An der Bürgerversammlung vom 1. Dezember wird darüber abgestimmt.
Neun Stellungnahmen
Der Stadtrat publizierte am 2. November neun Berichte, um den Abbruch der Badi Lido zu verteidigen. Deren Zusammenstellung zeigt wenigstens, dass die Stadt viel Geld hat.
Zu den Fragen zur Baustatik und zu Sanierungskosten der Badi-Gebäude gibt es fünf Stellungnahmen. Vier davon sind von anonymen: «Zustandsanalyse», Anonym, vom 27.11.2020; «Gebäudediagnose», Anonym, vom 07.12.2020; «Stellungnahme», Anonym, vom 27.04.2022 und «Stellungnahme» der wlw Ingenieure, Mels vom 6.10.22.
Ein weitere Untersuchung stammt aus dem Jahr 2007 und ist damit irrelevant.
Keinem dieser Berichte liegen statische Berechnungen zu Grund. Alle schrieben faktisch dem anonymen Bericht von Ende November 2020 ab. Mehrere Berichte sind gänzlich unbrauchbar oder gehen von falschen Grundlagen aus.
Zur Badewasser-Anlage gibt es vier Stellungnahmen: Kannewischer vom 01.12.2020, Beck Schwimmbadbau vom 19.08.2020; Beck Schwimmbadbau vom 19.11.2021 sowie der halbseitige Bericht der Weber Haustechnik, Watt, vom 30.09.2022.
Keiner der Berichte beschäftigt sich fundiert mit der heutigen, teils revidierten Badewassertechnik.