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Kanton
30.09.2022

So reagieren fünf St.Galler Parteien aufs Budget 2023

SVP, Grüne, FDP, SP und Die Mitte zeigen unterschiedliche Reaktionen auf das Budget 2023 des Kantons St.Gallen.
SVP, Grüne, FDP, SP und Die Mitte zeigen unterschiedliche Reaktionen auf das Budget 2023 des Kantons St.Gallen. Bild: Linth24
Der Kanton St.Gallen budgetiert 2023 mit einem kleinen Minus von rund 80 Millionen Franken – etwas besser als ursprünglich geplant. Auch das Ergebnis für 2022 fällt wohl besser aus. So reagieren die Parteien darauf.

SVP: «Die fetten Jahre sind vorbei! Ausser beim Staat?»

Die St.Galler Regierung scheint mit dem vorgelegten Budget 2023 noch nicht in der neuen Realität angekommen zu sein. Nach den vergangenen fetten Jahren kann in Zukunft nicht mehr einfach davon ausgegangen werden, dass die Rechnung automatisch viel besser abschliesst als budgetiert. Die Teuerung wird unseren Staat und jeden Einzelnen von uns in den kommenden Jahren massiv mehr belasten. Es ist wichtig, dass sich der Staat in Zeiten erhöhter Inflation zurücknimmt, Schulden abbaut und nicht zusätzlich die Nachfrage erhöht. Deshalb will die SVP des Kantons St.Gallen die Bürgerinnen und Bürger in unserem Kanton – im Gegensatz zur Regierung – endlich entlasten.

Die SVP des Kantons St.Gallen ist mehr als ernüchtert ob des am Mittwoch von der St.Galler Regierung präsentierten Budgets 2023. Mit einem budgetierten Aufgabenwachstum von 3,5 Prozent bei einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent steigt die Staatsquote ungehindert weiter an. Die Zunahme der Staatsquote widerspricht dem Finanzleitbild des Kantons St.Gallen und den Zielvorgaben der Regierung. Dieser Umstand ist nicht neu, weshalb seitens SVP seit Jahren darauf hingewiesen wird. Die SVP fordert dringendst eine Trendwende und damit eine langfristige Senkung der Staatsquote.

Steuerfuss um mindestens 5% reduzieren

Die SVP des Kantons St.Gallen fordert eine weitere Senkung des Steuerfusses um mindestens 5 Prozentpunkte. Dies ist aus den folgenden Gründen problemlos realisierbar:

  • Der Kanton St.Gallen verfügt nach wie vor über ein solides Eigenkapital von rund 1,5 Milliarden Schweizer Franken;
  • Die mutmassliche Rechnung 2022 schliesst mit einem operativen Ertragsüberschuss von rund 11 Millionen Schweizer Franken ab und somit 214 Millionen Schweizer Franken besser als budgetiert;
  • Im Rahmen des Budgets 2023 wird eine weiterhin positive Entwicklung der Steuererträge erwartet.

Kein Staatsausbau mit neuen Stellen

Die SVP wird zusätzliche Stellen bekämpfen und ist der Ansicht, dass neue Stellen zulasten bestehender Stellen geschaffen werden müssen. Hier soll die Regierung endlich ihre Verantwortung wahrnehmen und der Ausbreitung des Staates Einhalt gebieten.

Das Wachstum des Personalaufwands um 2,4 Prozent wird von der SVP infrage gestellt. Ein Blick auf die Besoldungsentwicklung des Staatspersonals im Kanton St.Gallen zeigt, dass diese seit 15 Jahren deutlich über der Entwicklung des Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) liegt. Vor diesem Hintergrund relativiert sich der vermeintliche Druck, wonach die Teuerung im von der Regierung vorgeschlagen Mass auszugleichen ist.

SVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Grüne: «Bevölkerung entlasten, in die Zukunft investieren»

Der Budgetpessimismus der Regierung bestätigt sich einmal mehr: Die Rechnung 2022 schliesst deutlich besser ab als budgetiert. Die Grünen fordern eine gezielte Entlastung der Bevölkerung. Damit ist der drohende Krankenkassen-Prämienschock abzufedern und die drohende Armut aufgrund steigender Energiepreise abzuwenden.

Die hohen Energiepreise heizen die Teuerung an. Im August 2022 stieg die Inflation in der Schweiz auf 3.5 Prozent. Zusätzlich steigen die Krankenkassenprämien im Kanton St.Gallen für 2023 um fast 7 Prozent. Dies wird für viele Menschen zur grossen Belastung. Der Kanton verfügt über genügend Mittel. Das zeigt der gute Abschluss. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt für Steuersenkungen und Sparmassnahmen.

Höhere Prämienverbilligungen und Energiezulagen

Die Mitte-Rechts-Parteien verlangen – wenig überraschend – eine Steuersenkung von fünf Prozentpunkten. Eine Entlastung der Bevölkerung ist in der aktuellen Zeit durchwegs angezeigt, jedoch nicht über eine allgemeine Steuerentlastung. Denn diese nützt Personen mit den höchsten Einkommen am meisten. Die Grünen wollen die von den wirtschaftlichen Entwicklungen armutsbedrohten Personen mit gezielteren Mitteln entlasten. Der Kanton soll mindestens temporär deutlich höhere Prämienverbilligungen leisten. Darüber hinaus fordern die Grünen kurz- und mittelfristige Energiezulagen für Familien und Einzelpersonen mit kleinem Einkommen. Diese Massnahmen stärken auch die Kaufkraft.

Investitionen in die Zukunft

Weiter muss der Kanton endlich in eine Solaroffensive investieren. Nur so lässt sich nicht nur die Klimakrise bekämpfen, sondern auch die Energieversorgung unabhängiger gestalten. Investitionen in die Zukunft statt Sparmassnahmen und Steuersenkungen. Auch für die anstehende Umsetzung der Pflegeinitiative braucht es genügend Mittel.

Voller Teuerungsausgleich fürs Staatspersonal

Die Grünen fordern für die Arbeitnehmenden den vollen Teuerungsausgleich. Der Kanton St.Gallen soll daher in seiner Vorbildfunktion als Arbeitgeber die Teuerung voll ausgleichen und nicht nur rund zur Hälfte (1.7 Prozent). Es kann nicht sein, dass die Regierung einen Überschuss «plant», und gleichzeitig dem Staatspersonal nicht einmal den Teuerungsausgleich gewährt. Das ist ein Schuss ins eigene Knie im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

Grüne Fraktion Kantonsrat St.Gallen

FDP für Steuersenkung und kritisiert Staatsausgaben-Anstieg

Die Staatsrechnung 2022 wird voraussichtlich um 214 Millionen Franken besser abschliessen als erwartet, unter anderem aufgrund höherer Steuererträge. Zudem hat sich das nun vorliegende Budget 2023 gegenüber des Aufgaben- und Finanzplans 2023-2025 um 28 Millionen verbessert. Das ist erfreulich. Vor diesem Hintergrund fordern die SVP, Die Mitte-EVP und die FDP eine Steuersenkung zur Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Teuerung abfedern: Mehr Geld im Portemonnaie

Steigende Energiekosten und die Teuerung generell bereiten der Bevölkerung und der Wirtschaft grosse Sorgen. Die wirksamste Entlastungsmassnahme in diesem Fall ist, den Steuerzahlenden weniger Geld aus den Taschen zu ziehen. Insbesondere kann es nicht sein, dass immer mehr Geld in die Staatskasse gespült wird und diese sogar mit Gewinn abschliesst, während die Bevölkerung und die Wirtschaft unter den Folgen der Inflation leiden.

Die Senkung des Steuerfusses um fünf Prozentpunkte von 110 auf 105 Prozent kommt somit zum richtigen Zeitpunkt und kann aufgrund der positiven Finanzprognosen gut verkraftet werden. Auch mit der Steuersenkung bleibt der Staatshaushalt im Lot. Mehr noch: Tiefere Steuern verbessern die Standortattraktivität, was mittelfristig zu einer erhöhten Steuerkraft führt.

Teuerungsausgleich Ja – Personalausbau Nein

Die Regierung sieht im Budget 2023 indes vor, den Personalaufwand mit 17.9 Millionen Franken höher zu budgetieren. Damit wächst der Personalaufwand um 2.4%. Darin enthalten sind zum einen sowohl ein partieller Teuerungsausgleich von 1.7%, sowie individuelle und strukturelle Lohnmassnahmen von 0.4% bzw. 0.3%. Unbestritten sind für die FDP, neben den individuellen Lohnmassnahmen und einem Teuerungsausgleich im Bereich von 1.5%, auch die Stellen im Zusammenhang mit IT- und Digitalisierungsvorhaben sowie die Aufwendungen für «eGovernment St.Gallen digital».

Den strukturellen Personalbedarf von 0.3% lehnt die FDP hingegen ab. Angezeigt ist nun nicht Personalausbau, sondern Personalstopp. Es wäre sicherlich das falsche Zeichen, wenn der Staatsapparat in der aktuellen Lage wachsen würde, während andere Unternehmen mit dem Fachkräftemangel und steigenden Energie- und Materialkosten kämpfen.

… und ewig wächst die Staatsquote

Aus dem gleichen Grund gilt es auch den vorgeschlagenen Mehraufwand von 140.1 Millionen Franken oder 3.5 Prozent des Kantons im Jahr 2023 zu hinterfragen. Steigende Staatsbeiträge und eine wachsende Staatsquote sind Gründe für das Ausgabenwachstum. Hier muss sich auch der Kantonsrat in die Pflicht nehmen und mit seinen Entscheiden diesen Entwicklungen entgegenwirken.

Steuerliche Attraktivität fördern

Darüber hinaus fordert die FDP, dass die weiteren Anpassungen im Steuersystem, die im Rahmen der Verabschiedung des Haushaltsgleichgewichts 2022plus gefordert wurden, nun rasch an die Hand genommen werden. Der Kanton St.Gallen muss in den kommenden Jahren an Attraktivität gewinnen. Im steuerlichen Vergleich zu den direkten Nachbarkantonen ist er abgeschlagen im hinteren Mittelfeld. Harte Arbeit lohnt sich nur bedingt, weil der Staat heute eine hohe Leistungsbereitschaft in vielen Bereichen abstraft. Viele bestens ausgebildete Fachkräfte entscheiden sich auch aus steuerlichen Gründen für einen Einkommensverzicht durch reduzierte Arbeitspensen.

Das ist mit ein Grund, weshalb im ganzen Kanton passendes Personal fehlt. Das bedarf einer Korrektur. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, muss die Steuerprogression gemildert werden. Die Steuertarife müssen dergestalt angepasst werden, dass sich Arbeitsleistung wieder vermehrt lohnt und nicht zu einem wesentlichen Teil «wegbesteuert» wird.

FDP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

SP: Mehr Prämienverbilligung und vollen Teuerungsausgleich

Am Mittwoch wurde bekannt, dass im Kanton St.Gallen die Krankenkassenprämien im Jahr 2023 um 6.8 % ansteigen werden. Dieser Anstieg wird neben den höheren Energiekosten und den allgemein steigenden Preisen Menschen und Familien mit tiefen und mittleren Einkommen massiv belasten.

Die SP sieht daher für das Jahr 2023 dringenden Handlungsbedarf bei der Prämienverbilligung. Das kantonale Einführungsgesetz zum Krankenversicherungsgesetz sieht für die einzusetzenden Mittel eine Untergrenze und eine Obergrenze vor.

In der Vergangenheit orientierte sich der Kanton bei der Budgetierung stets an der Untergrenze. Bettina Surber, SP-Fraktionspräsidentin, fordert: «Unser Kanton muss sich angesichts der massiv steigenden Prämien im kommenden Jahr an der Obergrenze orientieren. St.Gallen soll seinen Spielraum voll ausschöpfen. Wir fordern von der Regierung, dass sie jetzt, vor diesem für viele Menschen und Familien schwierigen Winter, alle Hebel in Bewegung setzt und für mehr soziale Sicherheit sorgt.»

Staatspersonal: Voller Teuerungsausgleich gefordert

Unzufrieden ist die SP ausserdem mit der Perspektive für das St.Galler Staatspersonal. In Zeiten des ausgetrockneten Arbeitsmarktes ist die Attraktivität des Kantons als Arbeitgeber zentral. Und genau hier verspielt St.Gallen eine gute Karte: Das Budget 2023 sieht nämlich eine Reallohnkürzung vor. Die Regierung spricht von einem «partiellem Teuerungsausgleich». Die Regierung sieht magere 1,7 Prozent Lohnanpassung vor. Das reicht aus Sicht der SP in keiner Weise. Derzeit ist von einer Teuerung von 3,5 Prozent auszugehen.

Auch die Mittel für die individuelle Lohnmassnahmen (0,4 Prozent) und für strukturelle Personalbedarf (0,3 Prozent) ist für die SP angesichts der Herausforderungen zu tief angesetzt.

Keine allgemeine Steuersenkung

Die von den Parteien der Mitte, FDP und SVP geforderte allgemeine Steuersenkung lehnt die SP ab. Sie fordert stattdessen, gezielte Entlastungen für Personen mit tiefen und mittleren Einkommen – einerseits über die Prämienverbilligung, andererseits über Unterstützungleistungen für Einzelpersonen und Familien, die aufgrund der steigenden Energiekosten nicht mehr in der Lage sind, die Lebenshaltungskosten zu tragen. Ein entsprechender Vorstoss wurde in der Septembersession eingereicht.

SP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Die Mitte: «Höhere Netto-Investitionen werden begrüsst»

Die Mitte hatte aufgrund des Aufgaben- und Finanzplanes im Budget 2023 mit einem Defizit gerechnet. Dass dieses nun geringer ausfällt, ist insbesondere den höheren Steuereinnahmen sowie der höheren Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank sowie teilweise dem Projekt «Haushaltsgleichgewicht 2022plus» zu verdanken. Das operative Defizit beläuft sich trotz allem auf 42,7 Millionen Franken – ohne Berücksichtigung der Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital von insgesamt 36,8 Millionen Franken. Dank der umsichtigen Finanzpolitik der letzten Jahre konnte das Eigenkapital gestärkt werden, um die Defizite auffangen zu können.

Die Mitte forderte in den letzten Jahren höhere Nettoinvestitionen. Sie begrüsst, dass diese markant ansteigen und mit 413 Millionen Franken veranschlagt werden; damit liegen sie 176,.5 Millionen Franken über dem Vorjahresbudget. Diese wirken sich positiv auf die Konjunktur aus.

Staatsquote senken

Erstaunt ist Die Mitte über den bereinigten Aufwand, der um 140,5 Millionen Franken zunimmt und die erneut steigende Staatsquote. Der Kanton muss sich bei neuen Ausgaben stärker zurückhalten. Der weitere Anstieg der Staatsbeiträge ist kritisch zu überprüfen.

Ebenso ist der höhere Personalbedarf zu hinterfragen. Die Mitte fordert, dass weniger neue Stellen geschaffen werden.

Steuersenkung verkraftbar

Die höheren Energiekosten und steigenden Lebenshaltungskosten belasten das Haushaltsbudget. Deshalb unterstützt Die Mitte eine Steuerfusssenkung um fünf Prozent auf 105 Prozent. Dies unter der Bedingung, dass die Regierung die Massnahmen zur Entlastung des Mittelstandes ebenfalls umsetzt.

Aufgrund des hohen Eigenkapitalbestandes ist diese Reduktion verkraft- und finanzierbar.

Die Mitte Kanton St.Gallen

Linth24